Die Galerie zanderkasten zeigt auf der ART INTERNATIONAL ZURICH 2010 eine attraktive Gesamtausstellung, die der Vielfalt ihrer Künstler entspricht.
Die Künstler:
Die Skulpturen von Jan Großmann finden in der zeitgenössischen Kunst keine relevante Entsprechung. Sie scheinen sich einer Beschreibung zu entziehen. Die Komplexität ihrer geometrischen Formen und der mathematische Sinn lassen sich erst im Umschreiten gänzlich erfassen.
Unter der glänzend lackierten Oberfläche, die an MDF oder Metall denken lässt, verbirgt sich schlichte Wellpappe. Nicht nur ein wunderbarer Kontrast sondern eine Notwendigkeit, denn gerade dieses leichte und flexible Material ermöglicht Grossmann erst seine Arbeitsweise und die Entstehung seiner Formen. Denn diese entwickelt er nicht aus Skizzen oder 3-D-Modellen, sondern aus dem Stehgreif am Objekt selbst. Die Form entfaltet sich also nicht von innen sondern von außen, nicht aus dem mathematisch berechneten Entwurf, sondern aus der Dringlichkeit der spontanen Bewegung. Ausgehend von einer einfachen geometrischen Urform, dem Dreieck, baut Großmann sukzessive immer komplexere Spiralen, in deren Drehmoment sich die Unendlichkeit der Reihung, die Verschiebung und Schachtelung der Winkel mal ruhiger mal impulsiver staffelt. Aus Wabenplatten kristallisieren sich entlang virtueller Achsen seine Formen zu zentrifugalen Gruppen.
"Spin III" ist der Titel der Skulptur, die zanderkasten auf der ART INTERNATIONAL ZURICH 2010 zeigt und auch dieser Titel, den Großmann der Quantenmechanik entlehnt, fungiert als Rotation der Assoziationen, die vom rein physikalischen Drehmoment bis zu lautmalerisch entgrenzten Vokabeln wie kreiseln, schleudern und wirbeln reichen.
Frank Lippolds Holzschnittesind als Druckstöcke im klassischen Sinne angelegt. Jedoch werden sie nie dem Druck zugeführt. Durch das Auslassen des Druckens entsteht eine klare, schroff anmutende Oberfläche, die das Negativ des möglichen Drucks abbildet. Beim Schnitzen der Platten steht für Lippold nicht der Druck auf Papier, sondern ausschliesslich die Vorlage und deren Bildumsetzung im Fokus.
Beim Holzschnitt werden die Tafeln zunächst schwarz gestrichen, bevor in die Oberfläche geschnitten wird. Aus dem Dunkel heraus entsteht mit jeder Kerbe das Erobern der schwarzen Holzplatte hin zum dimensionalen Bild. Lippold begibt sich für seine Arbeit unmittelbar in die Landschaft. Ein Baum, ein Feldweg oder der Giebel einer Scheune können die ersten Blicke des Künstlers binden. Die Schnitte ins Holz eröffnen in wochenlanger Arbeit Landschaften, in denen der Betrachter spüren kann, wie die Sonne durch Bäume und Sträucher, selbst durch Gräser Schatten wirft. Diese Phänomene sind das eigentliche Motiv - die Atmosphäre, die Situation, leichte Manipulationen.
Auf der ART INTERNATIONAL ZURICH 2010 wird die Galerie zanderkasten einen Holzschnitt in den Mittelpunkt stellen, der im Sommer 2010 begonnen wurde. In den Maßen 250 x 500 cm (Höhe x Breite) soll dieser Holzschnitt einen raumgreifenden Eindruck vermitteln. Jan Großmanns besprochene Skulptur "Spin III" ist nahe dieses Holzschnitts aufgebaut, um ihn in Sichtachsen teilweise zu verdecken und Bewegung des Besuchers hin zum Bild provozieren.
Elisabeth Rosenthal ist seit 2010 Künstlerin der Galerie zanderkasten.
Ihre Performances greifen die Idee der interaktiven Kommunikation im Kontext der Kunst und deren Rezeption auf. Dies geschieht mit einem minimalen Ausschlag am Pendel der Kunstaktionen. Das meint, dass Ihre Interaktionen geringe Aktivitäten seitens des Akteurs, aber maximale Orientierungssuche beim Betrachter evoziert.
So auch im neu-eröffneten ALBERTINUM / Dresden. Hier konnte Elisabeth Rosenthal "Birdyworks" realisieren. Diese Performance baut im Betrachter eine Erwartungshaltung auf, - die Künstlerin ist als "SailorSinger" kostümiert - steht erhöht auf einem Podest-Skulptur-Zwitter und pfeift.
Diese und zwei weitere Performances werden in der zanderkasten-Koje auf der ART INTERNATIONAL ZURICH realisiert.
Die Künstlerin steht auf einem ca. 45 cm hohen Sockel in der Kostümierung Ihrer Kunstfigur eines weiblichen Seemanns. Circa 20 Minuten lang wird Elisabeth Rosenthal auf einen Dialog in Pfeif-form reagieren. Dabei imitiert sie kurze Sequenzen eines Vogelpfeifens oder ahmt das Pfeifen aus dem Publikum nach. Die Kostümierung und der Auftritt an sich wecken in Besuchern oft Erwartungshaltungen nach einer Aktion. Der künstlerische Kern dieser Performance besteht darin diese Erwartungshaltung zu brechen, einem Vergleich zur Kunstbetrachtung gleichzustellen oder Ereignis-Gier zu enttäuschen. Die Künstlerin fungiert mit dieser Kunstfigur als interaktive Skulptur.
Der Maler Wolfram Neumann klimatisiert Bildräume neu. Das Auf und Ab der Farbtemperaturen dynamisiert abstrakte Farbhandlungen. Zwischen ornamentalen Pinselgeflechten und beruhigten Zonen entstehen mit harter Hand gemalte Farbnetze.
Einbeulungen in diesem Raster komprimieren sich und verdichten den Pinselduktus bis zum nachvollziehbaren Sujet. Hier vernebeln keine Bilderrätsel - bei Neumann kann gelesen werden. Codierungen narrativer Art gleiten bei ihm nicht ins Private ab, sie suchen die gültige Bildlösung. Exemplarisch für seinen Bildsound sind die Abhandlungen in der Bildgruppe "Hauptstrom". Hier formuliert Wolfram Neumann ein Atelierinterieur in unterschiedlichen Bildsprachen. Lichtvarianten und perspektivische Verschiebungen geben dieser Bildreihe ein markantes Branding. In den "Diesbar"-Bildern kristallisiert sich seine ungebrochene Haltung zur Landschaft.
Fast verletzlich schimmert hinter der aggressiven Farbhaltung eine feinfühlige Betrachtung. Sich in diesen Bildern auf Heimatliches einzulassen ist sehr mutig. Ausweg bietet nur seine malerische Souveränität.
Auf der ART INTERNATIONAL ZURICH zeigt zanderkasten mittel- bis kleinformatige Malerei von Wolfram Neumann, es sind ausschliesslich Arbeiten, die in den letzten 2 Jahren entstanden sind.
Der Künstler Hervé Humbert ist der neueste Zugang in der Galerie zanderkasten.
Seine Objekte sind Reaktionen und Eingriffe in unsere ästhetische konkrete Umwelt. Sie spielen mit Vergleichen und Irritationen, setzen uns einem Erleben aus, welches wir in diesem Zusammenhang nicht kannten oder deren Kunstkontext so noch nicht hergestellt wurde. Auf der ART INTERNATIONAL ZURICH 2010 wird ein Spiegel gezeigt. Dieser Spiegel hat Gebrauchsspuren und hat das Maß eines Bildes von 1940, er wurde aus einem größeren Spiegel auf das jetzige Format zurechtgeschnitten. Er ist mit "Madame" betitelt und ist der ehemalige Spiegel eines Bordells in Berlin / Prenzlauer Berg. Beim Anblick des Spiegels wird das Publikum mit Imagination, Realität und Bildfindung konfrontiert.
Quellenangabe: Galerie zanderkasten, D-Dresden, 2010