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ART INTERNATIONAL ZURICH 2025
27th Contemporary Art Fair
23-25 May 2025

Archive of ART INTERNATIONAL ZURICH 1999

LAUDATIO



Sehr geehrte Damen und Herren

Die Kunst der Gegenwart hat sich im Ganzen nicht verändert. Sie ist wie alles andere Teil der Gesellschaft und damit dem Zeitgeist unterworfen. Die Veränderung beschränkt sich - wenn überhaupt - auf Äusserlichkeiten. Der oft gehegte und im eigentlichen Sinne auch hehre Anspruch von Künstler und Ausstellungsmacher etwas gänzlich Neues zu zeigen, muss spätestens seit der Moderne ins Leere laufen:
Die weisse wie durchstossene Leinwand lässt sich schliesslich nicht mehr steigern. Somit bleibt dem ambitionierten Künstler nichts anderes als der Anschluss an die Tradition unter Hinzugabe der einen oder anderen Inspiration, wodurch es am Ende vielleicht sogar zu einer wirklichen Innovation gereicht, die uns neugierige Betrachter zu neuen Sichtweisen bzw. Einsichten oder auch Ansichten herausfordert. Und das ist nicht wenig. Nebenbei angemerkt: Entwickeln sich ganze Gesellschaften nicht letztendlich dadurch weiter, dass diese die Gegenwart bewältigend immer auch die Vergangenheit reflektieren, um so Zukunft zu gewinnen?

Nicht anders kann und muss es da dem Künstler wie Ausstellungsmacher ergehen als Teil der Gesellschaft. Kein geringerer als Joseph Beuys hat das erkannt und den programmatischen Leitsatz zum Besten gegeben: "Jeder Mensch ist ein Künstler!" Diese zugegebenermassen heute - mehr als zwanzig Jahre später - nicht gerade revolutionäre, aber aus dem Zusammenhang heraus zu begreifende Konzeption, haben sich die Initiatoren der Kunstausstellung zu eigen gemacht. Diese hatten sich - wie alle ernsthaften Veranstalter es eigentlich sollten - mit der Frage zu beschäftigen: Wen oder was stellen wir eigentlich aus? Neues! Klar, was sonst! Wo doch jeder nur das Neueste zu zeigen hat; sich nach näherem Hinsehen dann leider oft genug herausstellt:

Das Neue ist so neu nun auch wieder nicht. Also was solls... wie in der Kunst das Neueste in Malerei, Zeichnung, Plastik, Fotografie, Installation und Performance präsentieren, wenn es dieses eigentlich so nicht geben kann? Da kommt doch der Beuyssche Kunstbegriff, der vielleicht auch ein Kunstgriff ist, gerade recht: Lasst doch den Künstler sich ausdrücken, sich verwirklichen, dessen Phantasie freien Lauf, nur so kann Potential sich entfalten, nur so können Grenzen überschritten werden und nur so entsteht vielleicht etwas tiefgründigeres Innovatives.

Gesagt. Getan. Das Konzept der Kunstausstellung ist einfach und klar. Jedoch die Inanspruchnahme einer solchen programmatischen Konzeption durch eine Jury birgt natürlich immer die Gefahr der Beliebigkeit und Belanglosigkeit in sich, was den Ausleseprozess anbetrifft. Diese wurde jedoch dadurch umgangen, als die Jury bei der Auswahl der Künstlerinnen und Künstler sehr auf deren eigenständigen Ausdruck bedacht war; schliesslich lässt sich ein solcher nur erreichen durch ernsthafte und kontinuierliche Produktion in allen Sparten der bildenden Kunst. Der Besucher wird sich sicherlich in des Wortes ureigenster Bedeutung selbst ein Bild davon machen und entscheiden, welcher Mensch für ihn ein wahrhaftiger Künstler ist.

Zum Schluss bleibt allen nur eines zu wünschen: Selbst wenn es nicht gelungen sein sollte, etwas Neues zu schaffen und zu zeigen, so sollte doch ein frischer Wind durch die Kunstlandschaft - insbesondere die Zürichs - gezogen sein.


Text (Quellenangabe): Dr. Claus-Peter Böhner, Ausstellungsmacher 1999

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